Rezension: Abrechnung mit Pharmakonzernen

Der dänische Arzt und Medizinforscher Peter C. Gøtzsche beschäftigt sich in Fachpublikationen seit Jahren kritisch mit klinischen Wirksamkeitsstudien und mit den unethischen bis kriminellen Praktiken der großen Arzneimittelhersteller, darunter Pfizer, Novartis, Lilly und Merck. Zu diesen Praktiken zählen, wie Gøtzsche an zum Teil gerichtlich belegten Fällen zeigt, die Fälschung von Studien, illegale Vermarktungen, die Korrumpierung von ÄrztInnen und Selbsthilfegruppen, die Kontrolle von medizinischen Zeitschriften durch das Anzeigengeschäft, irreführende Werbung sowie die Einschüchterung von KritikerInnen. Allerdings schwankt die Qualität der angeführten Quellen und die Darstellung wirkt oft unsystematisch. Skandale werden mehr aneinandergereiht als analysiert. Entwicklungen wie die Zunahme psychiatrischer Diagnosen führt der Autor eindimensional auf das Wirken der Pharmalobby zurück, ohne andere Faktoren zu berücksichtigen. Auch der empörte Ton, der das Buch durchzieht, stört die Lektüre. Und wenn Gøtzsche schreibt, dass die Psychoanalyse „furchtbar unwissenschaftlich“ ist, weil „Sigmund Freud behauptete, wir alle seien homosexuell“, dann stärkt dies nicht eben seine Glaubwürdigkeit.

Michael Zander

➤ Peter C. Gøtzsche: Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität. Wie die Pharmaindustrie das Gesundheitswesen korrumpiert. Riva Verlag (2014), 512 Seiten, 24,99 Euro, ISBN 978-3-8688-3438-3.

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
232
vom Oktober 2015
Seite 44

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