Hoffnungsträger der Gentech-Industrie

Trockentoleranter Mais für Afrika?

Trockentoleranter Mais ist zu einem Hoffnungsträger der Gentechnik-Befürworter avanciert. Nicht zuletzt an dieser Pflanze soll sich erweisen, dass die Agro-Gentechnik unentbehrlich ist: zur Linderung des Hungers und als praktisch angewandter Klimaschutz.

Wenn man den regelmäßigen Verlautbarungen der Konzerne, die den trockentoleranten Mais entwickelt haben, Glauben schenken möchte, wartet alle Welt nur darauf, dass die Zulassung für den Anbau des Mais bald erteilt wird.1 Der US-Gentechkonzern Monsanto hat den Mais zunächst allein, später im Rahmen einer Kooperation mit dem deutschen Chemiekonzern BASF entwickelt. Die umfangreiche Zusammenarbeit besteht seit März 2007. Die Konzerne haben die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Bereich Pflanzenbiotechnologie zusammengelegt und streben eine gemeinsame Vermarktung der entwickelten Pflanzen an. Die Entwicklung von Trockentoleranzen für verschiedene Nutzpflanzenarten ist wesentlicher Teil dieser Kooperation. Monsanto und BASF haben Zulassungsanträge für den trockentoleranten gentechnisch veränderten (gv) Mais unter anderen für USA/Kanada (Anbau, Nutzung als Lebens- und Futtermittel) und Europa (Import, Nutzung als Lebens- und Futtermittel) gestellt. Sie gehen davon aus, dass der Mais für die Landwirte in den USA und in Kanada im Jahre 2012 zur Verfügung stehen wird. Ertragsvorteile von bis zu zehn Prozent in Trockenperioden werden erwartet.2

Eng verflochten: Charity und Agrobusiness

Neben den Chemie- und Agrarkonzernen spielen noch andere Akteure eine wichtige Rolle, wenn gentechnisch veränderte Nutzpflanzen mit Trockentoleranz als bedeutende Errungenschaft hochgefeiert werden. Es handelt sich dabei um so genannte Forschungsallianzen, in denen sich ganz unterschiedliche Organisationen, Institutionen, Einzelpersonen und Firmen zusammengeschlossen haben.3 In diesem Kontext wird Trockentoleranz als Eigenschaft von Nutzpflanzen beschrieben, die notwendig ist, um die Ernährungssituation in den Ländern und Regionen des afrikanischen Kontinents nachhaltig zu verbessern. Beispiele für solche auf Afrika bezogene Netzwerke und Allianzen sind AGRA (Alliance for a Green Revolution in Africa), WEMA (Water Efficient Maize for Africa), DTMA (Drought Tolerant Maize for Africa Initiative) oder AATF (African Agricultural Technology Foundation). Das Geflecht von Interessen und Abhängigkeiten, das diese Zusammenschlüsse bilden, ist nur schwer zu durchschauen. Mitglieder sind international tätige Stiftungen, allen vo­ran die Bill und Melinda Gates-, die Howard G. Buffett- und die Rockefeller-Stiftung. Daneben gibt es Lobby-Gruppen, öffentliche wie private Forschungseinrichtungen und weitere Mitspieler. Manche von ihnen treten auf wie Nichtregierungsorganisationen. Last but not least stehen auf der Liste der VorkämpferInnen für eine Bekämpfung des Hungers in Afrika mit transgenen Pflanzen auch die Vertreter transnationaler Unternehmen, zum Beispiel der oben bereits genannten Monsanto und BASF. Andere Firmen üben in einer etwas indirekteren Form ihren Einfluss aus, so etwa der Yara-Konzern, der weltweit größte Anbieter für mineralische Düngemittel, über die Yara-Stiftung.4 Die Konzerne spielen in den Zusammenschlüssen, die als Wohltätigkeitsinitiativen zur Bekämpfung des Hungers auftreten, den gentechnisch veränderten Mais als Trumpfkarte aus. Sie unterstreichen ihr Engagement zusätzlich machtvoll, indem sie zum Beispiel den gv-Mais in Grenzen ohne Lizenzen zur Verfügung stellen. Die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika ist besonders aktiv, wenn es darum geht, den gv-Mais ins Feld zu führen.

Gv-Pflanzen zur Ertragssteigerung nicht notwendig

Die Kräfteverhältnisse in den Forschungsallianzen sind allerdings nicht so, dass sich die Gentechnik-Industrie automatisch durchsetzen könnte. Um einen erhöhten Ernte­ertrag zu erzielen, wird es nach Einschätzung der Projektpartner von Drought Tolerant Maize for Africa in Zukunft nicht notwendig sein, auf gentechnisch veränderte Sorten zurückzugreifen. Allerdings gab es auch unter dem Dach von Drought Tolerant Maize for Africa Ende des letzten und Anfang dieses Jahres Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Maissorten, über deren Fortgang allerdings bisher noch nichts bekannt wurde. In einer Meldung des Internationalen Forschungsnetzwerkes CGIAR (Consultative Group on International Agricultural Re­search) aus dem vergangenen Jahr wird von einer Reihe neu identifizierter trockentoleranter - nicht gentechnisch veränderter - Maissorten berichtet, die verschiedene afrikanische Länder, darunter Malawi, Angola und Swaziland, in den letzten Jahren eingeführt haben.5 Die zentrale Rolle in dem DTMA-Projekt spielt eine Kooperation zwischen dem Internationalen Mais- und Weizenzüchtungs- und Forschungszentrum CIMMYT unter dem Dach der CGIAR und dem Internationalen Institut für Tropische Landwirtschaft. Die neuen Sorten sind samenfest, das heißt, die Landwirte können Samen aus ihren Ernten als Saatgut einbehalten. Die Wissenschaftler streben Ertragssteigerungen von 20 bis 30 Prozent an, was im Vergleich zu den Erwartungen an den gentechnisch veränderten, trockentoleranten Monsanto- und BASF-Mais sehr ambitioniert erscheint.

Ertrag gesteigert - aber warum?

In vielen Fällen bleibt allerdings die Frage offen, wie die Ertragssteigerungen der trockentoleranten Sorten - mit oder ohne Gentechnik - erreicht werden.6 Wie groß der Anteil der neu gezüchteten Trockentoleranz an den gesteigerten Erträgen ist, bleibt unklar, nicht zuletzt, weil der Einfluss anderer Faktoren ungewiss ist und wohl auch bewusst nicht genannt beziehungsweise gar nicht erst untersucht wird, wie zum Beispiel die Frage, ob Hybridsorten, samenfeste Sorten oder traditionelle Landsorten genutzt werden. Oder: Welchen Einfluss hatte der Einsatz von Dünger? DTMA-Partner haben zum Beispiel den ökonomischen Effekt der konventionellen Maissorten abgeschätzt. In diesem Zusammenhang betonen die AutorInnen die Bedeutung von Düngemitteln. „An important factor in the yield advantage of improved varieties is the additional fertilizer use associated with using improved varieties.“7 Der Gebrauch von Dünger ist also ein wichtiger Faktor bei der Erhöhung der Erträge. Eine kritische Reflexion über den Einsatz von Düngemitteln fehlt in dieser Untersuchung allerdings vollständig. Der Einsatz von nicht organischem Dünger sollte eine besondere Rolle in der Bewertung spielen, zählt er doch zu den wichtigsten Faktoren in der Berechnung des Beitrages der Landwirtschaft zum Klimawandel. Insbesondere Stickstoff wird unter Aufwendung großer Mengen von, in der Regel, fossiler Energie gewonnen. Wichtig scheint in diesem Zusammenhang aber vor allem zu sein, dass immer wieder die Hauptaussage zu vernehmen ist: „Es gibt gentechnisch veränderte Sorten, die uns helfen mit den Folgen des Klimawandels fertig zu werden.“ Dabei spielt es keine Rolle, ob das Konzept des trockentoleranten Mais als Mittel überhaupt zur Sicherung von Erträgen geeignet ist.

Einflussnahme

Die Undurchsichtigkeit der Netzwerke und Kooperationen ist oben schon angesprochen worden, und nicht immer lassen sich entsprechende Zusammenhänge aufzeigen, wie dies bei der Water Efficient Maize for Africa der Fall ist. WEMA ist eine öffentlich-private Partnerschaft unter dem Dach der notorisch Gentechnik-freundlichen African Agricultural Technology Foundation. Abgesehen davon, dass ein Großteil der Pressemitteilungen der Stiftung den Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen zum Thema haben (und selbstredend deren Vorzüge loben), macht der Umstand nachdenklich, dass die WEMA-Initiative Anfang 2010 bis zu 13 WissenschaftlerInnen des Gentech-Konzerns Monsanto engagiert hatte - mit Vollzeit-Stellen, wie ACB, das Afrikanische Zentrum für Biosicherheit berichtet.8 Die schon erwähnte Gates-Stiftung ist ein weiteres Beispiel für eine nicht gerade vertrauensstiftende Personalpolitik. Auch die Gates-Stiftung hat eine große Nähe zu dem Gentechnik-Branchenprimus: Monsantos früherer Vize, Rob Horsch, koordiniert die Aktivitäten der Stiftung zur Verbesserung der Erträge von Nutzpflanzen im südlichen Afrika. Bill Gates, der als Förderer bei AGRA auftritt, scheint die gv-Maispflanze in sein bekanntermaßen technikfreundliches Herz geschlossen zu haben. Bei seinem Auftritt vor den Vereinten Nationen im September 2008 durfte der gv-Mais mit aufs Podium.

  • 1BASF-Pressemitteilung, 07.01.10, www.basf.de. „Weltweit erster trockentoleranter Mais rückt der Markteinführung einen Schritt näher“.
  • 2Siehe Fußnote 1.
  • 3Der hier vorliegende Text wird sich auf Beispiele vom afrikanischen Kontinent beschränken, beziehungsweise auf Beiträge, die ihren Fokus auf den afrikanischen Kontinent legen.
  • 4Siehe zum Beispiel: Dano, E. (2007): „Unmasking the New Green Revolution in Africa“. Oder Ute Sprenger (2007): „Billanthropie und Biotech”. Gen-ethischer Informationsdienst, (GID) 184, Oktober 2007.
  • 5Zu der Einführung der neuen Sorten siehe unter: http://dtma.cimmyt. org > publications.
  • 6Technisch werden verschiedene Konzepte verfolgt: Monsanto und BASF fügen ihrem Mais das Gen cspB aus dem Bakterium Bacillus subtilis hnzu, dessen Genprodukt (Protein) bestimmte Schutzfunktionen in den Zellen der gv-Pflanzen übernimmt. Andere Ansätze nutzen zum Beispiel ein Gen aus dem Moos Xerophyta viscosa. Formell wird zwischen Ertragssteigerung und Ertragssicherung unterschieden. Zu letzterer wird die Trockenheitstoleranz gezählt - in der Literatur wird diesem Konzept aber bisher nicht konsequent gefolgt. Siehe zum Beispiel: Arnold Sauter (2008): Transgenes Saatgut in Entwicklungsländern - Erfahrungen, Herausforderungen, Perspektiven. Arbeitsbericht 128 des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag.
  • 7La Rovere, R. et al. (2010): „Potential impact of investments in drought tolerant maize in Africa“. CIMMYT, Addis Ababa, Äthiopien.
  • 8African Center for Biosafety (2010): Africa‘s Green Revolution - Drought tolerant Maize Scam. Im Netz unter: www.biosafetyafrica.net.
GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
201
vom September 2010
Seite 10 - 11

Christof Potthof war bis Ende April 2020 Mitarbeiter im GeN und Redakteur des GID.

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