Runder Tisch für verantwortliche Soja

Von der Zertifizierung profitiert vor allem die Industrie

Der Runde Tisch für verantwortliche Soja ist ein Versuch weniger Nichtregierungsorganisationen, mit den Agrarkonzernen ein Abkommen für die Soja-Produktion zu entwickeln. Grundsätzliche Kritik hat in der Runde nichts verloren.

Über die schädlichen Auswirkungen des boomenden Soja-Handels in den Ländern Südamerikas ist in der Vergangenheit schon mehrfach berichtet worden. Soja-Monokulturen zerstören - genau wie Monokulturen mit anderen Nutzpflanzen - ländliche Ökonomien, Biodiversität, Böden und Wasser-Ressourcen. Der mit ihnen einhergehende Einsatz von Pestiziden schadet der menschlichen Gesundheit im großen Stil - durch Verdriftung der Spritzmittel und die Vergiftung von Wasser. Wegen des auf dem Weltmarkt steigenden Wertes landwirtschaftlicher Produkte kommt es zu Landkonflikten. Sie enden oft in der gewaltsamen Vertreibung von Menschen, die keinen Titel für das Land, auf dem sie immer gelebt und gearbeitet haben, besitzen. Die Expansion des Anbaus von Soja wurde technisch unterstützt und beschleunigt durch die Einführung von Monsantos gentechnisch veränderter (gv) RoundupReady-Sojabohne. Diese wurde so gentechnisch manipuliert, dass sie dem Einsatz des ebenfalls von Monsanto vertriebenen Breitbandherbizides Roundup (Wirkstoff Glyphosat) widersteht. Die Nutzung der RoundupReady-Technologie hat wegen ihrer Abhängigkeit von Glyphosat großen Schaden angerichtet. Die Technologie erlaubt das willkürliche Spritzen mit dem Herbizid, ungeachtet der Wirkungen auf die Gesundheit der Menschen und auf ihre Nahrungspflanzen. Diese Art der Produktion von Soja (ohne Bodenbearbeitung1; mit direkter Einsaat und mit chemischer Kontrolle der Beikräuter) ist sehr kapitalintensiv, was ebenfalls dazu beigetragen hat, die Landnutzung und die Produktion in den Händen der großen Produzenten zu konzentrieren. Gemeinschaften in Argentinien, Brasilien und Paraguay leisten Widerstand gegen die sich ausbreitende Soja-Front. Sie machen Kampagnen gegen das Spritzen der Roundup-Ready-Felder und kämpfen zum Beispiel durch die Besetzung von Land und durch Klagen gegen den illegalen Verkauf des Landes, das für eine Landreform vorgesehen war, wie es zum Beispiel in Paraguay geschehen ist.

Ob Zertifizierungssysteme helfen?

Nichtsdestotrotz glauben einige Nichtregierungsorganisationen (NGO) aus dem Norden, und allen voran die Umweltorganisation World Wide Found for Nature (WWF), dass mit Kooperationen mit Agrarkonzernen und den multinationalen Konzernen der Nahrungsmittelbranche etwas getan werden kann, um die desaströse, sich immer weiter ausbreitende Entwaldung zu stoppen, durch die der Platz für immer mehr Soja-Wüsten geschaffen wird. Darum haben NGO 2005 den „Runden Tisch für verantwortliche Soja” (Round Table for Responsible Soy - RTRS) initiiert, mit dem Ziel, ein freiwilliges Zertifizierungs-System zu entwickeln, das von der Industrie und Akteuren aus der Zivilgesellschaft unterstützt wird. In der Vergangenheit wurde bereits ein „Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl” (Round Table for Sustainable Palm Oil - RSPO) und eine Initiative für „Besseres Zuckerrohr” (Better Sugar Cane Initiative - BSI) eingerichtet. Die meisten dieser Zertifizierungssysteme haben es bisher aber nicht geschafft, eine breite Unterstützung zu bekommen. Der RSPO zum Beispiel hat - weltweit - zwar 202 Mitglieder aus der Industrie, aber nur 18 NGO-Mitglieder, von denen nur wenige auf der regionalen Ebene arbeiten. Vor allen Dingen aber werden diejenigen, die selbst von der Ausweitung der Palmöl-Plantagen betroffen sind, in dieser Runde kaum repräsentiert.

Oft leichter für die Großen

Mit der Konzentration auf die Zertifizierung wird die Frage vermieden, ob nicht die Ausweitung der Soja-Anbauflächen grundsätzlich gestoppt werden müsste. Zertifizierung ist freiwillig und richtet sich an einen Markt, der bereit ist, einen Aufschlag zu bezahlen. Hinzu kommt, dass es - gerade bei Soja und Palmöl - für kleinere Produzenten oft schwieriger ist, von solchen Systemen zu profitieren. Großgrundbesitzer und das Agrar-Business haben deutliche Wettbewerbs-Vorteile auf den Soja- und Palmölmärkten, und das nicht nur bei der Produktion, sondern ironischerweise auch bei der Einhaltung der Kriterien für „verantwortlich” oder „nachhaltig”. Sie können besser mit den damit verbundenen Kosten und der Bürokratie umgehen. Außerdem profitieren sie von dem guten Image, das aus der Beteiligung an solchen Zertifizierungs-Systemen resultiert, auch wenn die Firmen gleichzeitig an schädlichen Maßnahmen, der so genannten bad practice, und an der Ausweitung der Anbaufläche an anderer Stelle beteiligt sind. Die Industrie ist immer begeistert von der Idee, einen Runden Tisch zu gründen. Die Unternehmen können ihre Mitgliedschaft als eine Form der „Corporate Social Responsibility” (etwa: verantwortliche Unternehmensführung) bewerben und den Eindruck erwecken, sie würden ihre Art, Geschäfte zu machen, verbessern. Aber ihre Lobby-Agenda außerhalb ihres Engagements beim RTRS zeigt deutlich, dass sie an wirklichen Veränderungen kein Interesse haben. Berüchtigte Soja-Produzenten nehmen am RTRS teil, so zum Beispiel die Andre Maggi Gruppe aus Brasilien und die Gruppe DAP aus Paraguay.2 Die Zivilgesellschaft ist deutlich weniger interessiert an einer Teilname. Dies ist nicht zuletzt durch die Erklärungen, Aktionen und Proteste deutlich geworden, die im Umfeld der bisher drei Konferenzen des RTRS veröffentlicht beziehungsweise durchgeführt wurden. Bei der ersten Konferenz war noch eine Organisation für Kleinbauern aus Brasilien, FETRAF, an den Gesprächen beteiligt. Diese hat den Runden Tisch aber schnell verlassen, als deutlich wurde, dass ihre größten Bedenken, zum Beispiel ihre Position gegen den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO), keine Berücksichtigung finden wird.

RTRS-Zertifizierung: Erleichterung der Ausweitung des Sojaanbaus

Nicht nur, dass der RTRS weder die zurückliegenden Schäden der Soja-Expansion thematisieren noch deren weiteres Fortschreiten behindern wird, er wird auch die Kennzeichnung von gentechnisch veränderter Soja als „verantwortlich” erlauben. Im aktuellen Entwurf der Liste von Prinzipien und Kriterien kommt Gentechnikfreiheit nicht vor. Nicht nur das; die Teilnehmer des Runden Tisches, insbesondere aus der Futtermittel-Branche, sind auch an einer Lobby-Kampagne gegen die europäische GVO-Politik beteiligt. So zum Beispiel die Industrie-Organisation FEDIOL, die die ihrerseits stark konzentrierte Pflanzenöl-Industrie - vor allem die Firmen Cargill, ADM, Bunge und Saipol - in Brüssel repräsentiert. Außerdem FEFAC, die Europäische Organisation für Futtermittelhersteller, der Holländische Rat für Margarine, Fette und Öle und die Lebensmittel- und Getränkeindustrie-Lobbyorganisation CIAA. Die Kampagne wendet sich gegen die Nulltoleranz-Politik der EU gegenüber in der Gemeinschaft nicht zugelassene GVO.3

Gentechnikfreiheit kein Kriterium

Die Nichtregierungsorganisationen aus dem Norden, die sich an dem RTRS beteiligen, haben in Bezug auf die Tatsache, dass es kein Kriterium für Gentechnikfreiheit gibt, geschwiegen. Der WWF hat sich nur dahingehend geäußert, dass sich Gruppen, die damit Probleme haben, beteiligen und ihre Stimme erheben sollen.

Werben für die Ausweitung des Marktes: RTRS und die Biodiesel-Akteure

Einige der Mitglieder des RTRS sind an dem wachsenden Geschäft mit Biodiesel beteilgt. BP und Shell sind erst neulich der RTRS-Initiative beigetreten. Außerdem engagieren sich manche der traditionellen Soja-Firmen in der Biodiesel-Branche. Bunge, einer der größten landwirtschaftlichen Handelskonzerne der Welt, baut in Kooperation mit Acciona und Repsol eine Biodiesel-Anlage in Spanien.4 Das FEDIOL-Mitglied Unimills plant mit starker Unterstützung der dortigen Regierung eine große Biodiesel-Anlage in den Niederlanden, in die neben Raps und Palmöl auch Soja eingespeist werden soll.

Auch Energie-Unternehmen beteiligt

Da die Aufmerksamkeit für die verheerenden Auswirkungen des großflächigen Anbaus zur Agrar-Treibstoff-Produktion wächst, wird der Zugang zu verantwortlich produzierter Soja für die Öl- und Energie-Unternehmen von immenser Bedeutung sein, wenn sie das Öl als Treibstoff in Europa nutzen, das heißt verkaufen, wollen. Für die Biotech-Unternehmen bedeutet der wachsende Markt der Agrar-Treibstoffe nicht nur die Gelegenheit, mehr (gentechnisch verändertes) Saatgut verkaufen zu können, sondern auch den Widerstand gegen GVO in Europa zu brechen, indem diese als klimafreundlich beworben werden. Brasiliens Präsident Lula da Silva argumentierte bereits 2005, dass die Verwendung gentechnisch veränderter Soja für Agrar-Treibstoffe die Diskussionen um gv-Ölsaaten beenden werde. „Anstatt gentechnisch veränderte Soja zu essen, machen wir daraus Biodiesel für das Auto. Es wird diese nicht zurückweisen. Die Menschen werden die gute Soja essen”, sagte er.

Proteste bei der dritten RTRS-Konferenz 2008 in Buenos Aires

Mit jedem Tag, den der Termin der dritten Konferenz des Runden Tisches für verantwortliche Soja näher rückte, mehrten sich die Stimmen, die mit dem Prozess der Ausarbeitung von Kriterien für nachhaltige Soja nicht einverstanden waren. Besonders erwähnenswert ist eine Erklärung, die von mehr als 200 Gruppen aus dem Norden und dem Süden unterzeichnet worden war.5 Darin wird das Agrar-Business für „die Verwüstung unserer Böden, die Entwaldung, die Vergiftung von Flüssen und dem Grundwasser, den Verlust an Biodiversität und die Plünderung des natürlichen und kulturellen Erbes unserer Gemeinschaften verantwortlich gemacht. Die Ausweitung der Soja-Monokultur schadet der territorialen, der kulturellen und der Nahrungssouveränität von Ländern genau wie den Rechten indigener und lokaler Gemeinschaften. Soja-Agrar-Business schließt die Bevölkerung aus, lässt sie verarmen und schwächt sie.“ Der vom WWF organisierte Runde Tisch wurde als Grünwaschen für das Agrar-Business-Modell kritisiert. Am ersten Tag der RTRS-Konferenz fand eine Protestaktion von VertreterInnen von verschiedenen Organisatonen statt, die sich im sozialen Bereich, in der Umweltbewegung und als Vertreter der Landbevölkerung engagieren. Zwanzig Protestierende konnten sich Zutritt zu dem Treffen im exklusiven Hilton-Hotel verschaffen, wurden aber gedrängt, in der Halle des Gebäudes zu bleiben. Zum wiederholten Mal wollten sie ihre Ablehnung gegenüber dem Prozess des Runden Tisches zum Ausdruck bringen, da dieser die fehlende Nachhaltigkeit industrieller Soja-Produktion nicht zum Thema macht. Einer von ihnen, Delio Giménez von der Vereinigung der Bauern von Alto Paraná aus Paraguay (ASAGRAPA) sagte: „Wir wollten an diesem Event teilnehmen, um zu zeigen, dass die verantwortliche Soja für kleine Bauern in ländlichen Regionen nicht passt. Das Modell des Agrar-Business ist nicht kompatibel mit der Produktionsweise kleiner Bauern. Verantwortliche Soja wird viele weitere Miseren in Südamerika auslösen.“ Andrea Samulon, von der Gruppe Rainforest Action Movement, fügte hinzu: „Ich habe die so genannten verantwortliche Soja-Pflanzungen besucht. In ihnen werden noch immer gefährliche Agrargifte in den Boden und in das Wasser gekippt und sie sind noch immer dort, wo früher gesunde Wälder standen.“

Proteste von außen werden zur Bedrohung

Die Proteste bei den drei bisherigen RTRS-Konferenzen sind für die Mitglieder des Runden Tisches, auch für die beteiligten Nichtregierungsorganisationen, sicherlich von Bedeutung. So lange der von außen kommende Protest von den Organisationen im Prozess als ergänzende Quelle genutzt werden kann, um auf Regierungen und Unternehmen Druck auszuüben, werden die NGO ihn willkommen heißen. Wenn aber der Protest auf alle teilnehmenden Akteure inklusive der beteilgten NGO zielt, dann wird er eher zu einer Bedrohung. Letztendlich wurde es den Protestierenden nicht gestattet, ihr Statement in der Runde vorzubringen. Nichtsestotrotz heißt es in der Abschlusserkärung dieser Konferenz: „Der RTRS ist ein transparenter Zusammenschluss der Stakeholder, die sich darauf verständigt haben, Lösungen für die Auswirkungen einer wachsenden Soja-Versorgung zu finden.“ So ist es also nur für die möglich, in dem RTRS ein Forum zu finden, die mit einer wachsenden Soja-Versorgung übereinstimmen?6

Ergebnisse der dritten RTRS-Konferenz

Auf der Konferenz in Buenos Aires wurde über einen Entwurf der Prinzipien und Kriterien und ein Kontroll-System diskutiert. Es wurde beschlossen, dass im Mai des kommenden Jahres „ein konsistenter Satz von weltweit anwendbaren Prinzipien, Kriterien und messbaren Indikatoren“ und eine „Übersicht für ein Kontroll-System verfügbar sein sollen“. Außerdem wird der RTRS ab Juni 2009 ein breiteres Programm lancieren, mit einem Ausblick und einer Kommunikationsstrategie, deren besonderer Schwerpunkt auf die Soja-produzierenden Länder in Südamerika gelegt wird.7

Kriterien sollen 2009 fertig werden

Es bleibt unklar, inwieweit Einigkeit über die Prinzipien und Kriterien des Entwurfes hergestellt werden konnte. Protokolle der Arbeitsgruppen-Diskussionen zu diesem Punkt zeigen deutliche Versuche jeglichen Fortschritt bei den Diskussionen zu behindern. In einer der Arbeitsgruppen war der einzige Punkt, der zum Prinzip neun - Schutz der Biodiversität - aufgezeichnet war, die Forderung „Europa soll seinen ganzen Wald wieder instand setzen“. Sicher, ein wichtiger Punkt natürlich! Allerdings kommen Zweifel an seiner Ernsthaftigkeit auf, wenn man weiß, dass solche Vorschläge ausnahmslos von der brasilianischen Soja-Lobby gemacht werden. Zum zehnten Prinzip - Pflanzenschutz und verantwortlicher Umgang mit Chemikalien - gab es „keine Diskussion“. Zum Prinzip sechs - Verantwortung für die Umwelt - wurde kommentiert, dass „Kleinbauern nicht von allen Verpflichtungen ausgenommen werden sollten. Man darf Kleinbauern nicht erlauben, den Planeten zu ruinieren.“

Schlussfolgerung

Wenn es nach den Runden Tischen der NGO-Industrie-Koalition geht, werden europäische Supermärkte in der Zukunft mit Produkten beliefert, die gentechnisch veränderte verantwortliche Soja enthalten. Die Zertifizierungen werden auch die Unterstützung einiger großer NGO aus dem Norden erhalten. Viele andere Stakeholder, insbesondere die, die direkt unter dem Anwachsen der Soja-Anbauflächen zu leiden haben, haben beim Aufstellen der RTRS-Standards nicht mitgewirkt, da sie es abgelehnt haben, Teil dieses Runden Tisches zu sein. Diese Runden Tische werden am Ende die beteiligten Unternehmen legitimieren. Sie werden die gentechnisch veränderten Pflanzen, die zu einem industriellen Agrarmodell passen, grünwaschen. Und sie werden die weitere Ausweitung der Produktion für den Agro-Treibstoff-Markt erleichtern, wie in dem Fall von Sojabohnen für die Herstellung von Biodiesel. Weil der RTRS der Ausweitung des Soja-Anbaus nicht entgegentreten wird, werden die Folgen weitreichend sein. Und die Konsumentinnen und Konsumenten der verantwortlichen Soja werden sich in dem Glauben wiegen, ein verantwortliches Produkt erworben zu haben. Verantwortliche Soja ist eine weitere Scheinlösung, die verhindert, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass ein radikaler Wechsel des globalen Produktions- und Verbrauchsmodells notwendig ist.

  • 1Pflanzenbau ohne Bodenbearbeitung oder pflugloser Anbau wird zum Beispiel dann angewandt, wenn Böden sehr stark erosionsgefährdet sind. Gleichzeit ist im Zusammenhang damit aber ein spezielles Unkrautmanagement notwendig.
  • 2Eine vollständige Liste der Teilnehmer und weitere Informationen finden sich auf der Homepage des RTRS auf www.responsiblesoy.org.
  • 3Siehe auch den Beitrag Keine Kontaminationen! und den Bericht „EU Animal feed imports and GMO policy” von der europäischen Sektion den Umweltorganisationen Friends of the Earth und Greenpeace, gemeinsam mit European Farmers Coordination. (Pressererklärung, Bericht)
  • 4Acciona ist ein spanischer Mischkonzern, der unter anderem in den Bereichen Energie und Immobilien tätig ist. Repsol ist ein multinationaler Konzern aus der Petrochemie-Branche.
  • 5Siehe http://lasojamata.iskra.net/node/110.
  • 6Ein Video-Bericht zu den Aktionen gegen den RTRS im April 2008 in Buenos Aires ist auf youtube zu finden.
  • 7Die Erklärung im Netz unter: www.responsiblesoy.org/3conf_declaracion_eng.htm.

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Investment-Modell „Saat-Pools”

Der hohe Kapital-Bedarf für die Entwicklung der Soja-Produktion ohne Bodenbearbeitung hat zu einer neuen Investitions-Struktur, den so genannten „Saat-Pools” geführt. Der Organisation für Ernährung und Landwirtschaft der Vereinten Nationen (FAO) zufolge stellen sie das finanzielle, kommerzielle und agronomische Management für die großflächige Landwirtschaft bereit. Das Ziel liegt darin, einen höheren Gewinn für Investoren zu erwirtschaften, als in einem anderen Geschäftsbereich erzielt werden kann. Die Anzahl der Saat-Pools hat sich in den Jahren 1996 und 1997, als die Preise sehr hoch waren, rapide erhöht. Mittlerweile gibt es gut 20 von ihnen, die jeweils zwischen 10.000 und 50.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche verwalten. Saat-Pools haben in verschiedenen Regionen der Welt zu Besorgnis geführt, da sie für die Konzentration von Landbesitz, die Ausweitung von Monokulturen und die Vertreibung von Bauern stehen. Eine der führenden Investment-Gruppen in der Landwirtschaft, Gropocopatel (Grobo) kultiviert in Argentinien, Uruguay und Paraguay auf 150.000 Hektar Soja. Die Gruppe besitzt nur einen Teil, zehn Prozent, davon. Aber nach Aussage von Gustavo Grobocopatel ist es möglich, dieses Prinzip zu praktizieren, ohne selbst einen einzigen Hektar zu besitzen. Er verteidigt die Landwirtschaft ohne Bodenbearbeitung mit der Leidenschaft eines Evangelis-ten und träumt davon, dieses Modell nach Osteuropa und Afrika zu exportieren. Grobocopatel hat auf der dritten RTRS-Konferenz eine Vortrag mit dem Titel „Nachhaltigkeit aus der Sicht der ‚Grupo Los Grobo‛” gehalten. Lilian Joensen, Grupo de Reflexion Rural, Argentinien

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Erschienen in
GID-Ausgabe
189
vom September 2008
Seite 12 - 16

Nina Holland ist Mitarbeiterin der Nichtregierungsorganisation Corporate Europe Observatory. Sie lebt in Amsterdam. Der Text entstand unter Mitarbeit von Els Wijnstra von der argentinischen Organisation Grupo de Reflexion Rural.

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Der Bericht The Roundtable on Ir-responsible Soy von Corporate Europe Observatory (CEO), ASEED Europe, Grupo Reflexion Rural (GRR) und Rainforest Action Movement kann kostenlos von der Seite www.lasojamata.org/es/node/139 geladen werden. Spenden sind willkommen.