Behinderung

Piktogramm: Paragraf, Erlenmeyerkolben, Faust

Selektive Pränataldiagnostik (PND), die nur nach Normabweichungen sucht und weder die Versorgung der Schwangeren noch die Gesundheit des werdenden Kindes verbessert, verstößt gegen die UN-Behindertenrechtskonvention. Sie konterkariert das gesellschaftliche Ziel der Inklusion von Menschen mit Behinderung. Behinderung wird vielfach immer noch mit Sorgen, Leid und Schmerzen verbunden – eine ableistische/behindertenfeindliche Einstellung. Die gesellschaftliche Bereitstellung von Ressourcen für die gezielte pränatale Suche nach Abweichungen und Behinderungen (via Regelfinanzierung durch die Krankenkassen) zeigt, dass es weiterhin als normal und unproblematisch gilt, Behinderung um beinahe jeden Preis vermeiden zu wollen.

Die angenommene Andersartigkeit macht behinderte Menschen zur Projektionsfläche für Ängste vor Schmerzen, Abhängigkeit, Immobilität und Verlust von Kontrolle. Von einer grundlegenden menschlichen Situation werden Verletzlichkeit und Schwäche zu einer Bedrohung der eigenen „Normalität“ und des Selbstbildes als autonomes, selbstbestimmtes Subjekt, das selbstdiszipliniert und -kontrolliert, frei und gesellschaftlich funktionstüchtig ist, die abgewehrt werden muss.

Beiträge zu diesem Thema

  • „Politische Anliegen in Sachthemen unterbringen”

    7. Juli 2014

    Über die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eingeleitete Erprobung pränataldiagnostischer Bluttests (siehe Kasten rechts) und die Rolle der PatientInnen- und Behindertenvertretung in dem Verfahren sprach der GID mit Martin Danner, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG Selbsthilfe) und Sprecher der Patientenvertretung im G-BA.

  • „Mutters Blut, Kindes Schicksal“

    7. Juli 2014

    Die Ankündigung des Biotechnologieunternehmens LifeCodexx im April 2011, einen PraenaTest zur Verfügung zu stellen, wurde von einer breiten medialen Berichterstattung flankiert. Die Problematisierungsweisen dieses Mediendiskurses sagen nicht nur einiges über die gesellschaftliche Wahrnehmung des neuen Verfahrens aus, sie haben sie auch mitstrukturiert.

  • Ableism als zentrale Botschaft

    7. Juli 2014

    Das Gen-ethische Netzwerk hat gemeinsam mit dem Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik Mitte Juni beim Deutschen Werberat Beschwerde gegen die Anbieter von Panorama-, Harmony- und PraenaTest eingelegt. Wir dokumentieren das Schreiben leicht gekürzt.

  • Normierungsinstrument Sicherheit

    Die Kritik am PraenaTest darf sich nicht darauf beschränken, dass mit ihm die Selektion von Föten mit chromosomalen Schädigungen vereinfacht wird. Im Fokus stehen muss die ableistische Perspektive der Pränataldiagnostik, die im Sicherheitsversprechen der Bluttests besonders deutlich zutage tritt.

  • Elterliche Selbstbestimmung als „schädliche Praxis“?

    7. Juli 2014

    Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention hat die Bundesrepublik die politischen Weichen in Richtung Inklusion gestellt. Vorgeburtliche Selektion steht diesem Gedanken diametral entgegen. Denn Inklusion kann nur funktionieren, wenn nicht nur behindernde physische und strukturelle Barrieren, sondern auch ableistische Grundhaltungen in der Gesellschaft abgebaut werden.